Am Anfang war es bloss ein Auto. Heute sind es die gesamte Wohnungseinrichtung, bunte Tätowierungen, Kleidchen mit üppigen Blumenmustern, eine aufwendige Frisur und knallrote Lippen, natürlich die Musik und zwei Autos. Und ein Laden mit Café – ein ganzes Leben quasi. Eveline Schnyder (27) aus Schöftland lebt mit Haut und Haaren in den Fünfzigerjahren. Und das im Hier und Jetzt.

«Luckymonkey» heisst der Laden, den Schnyder vor wenigen Wochen an der Vorderen Vorstadt in Aarau eröffnet hat. «Glücklicher Affe», eine Idee, die sie irgendwo zwischen Schlafzimmer und Badezimmertür überkommen hat. Ihr eigener Laden, ihr absoluter Traum. Der Ort, an dem sie den ganzen Tag so sein kann, wie es ihr am liebsten ist. «Und ich falle dabei nicht auf, hier guckt mich keiner schräg an», sagt sie und lacht. «Das geniesse ich in vollen Zügen.»
Eveline Schnyder gefällt Altes, seit sie denken kann. Schon als Schulmädchen kaufte sie sich Pullover und Schmuck lieber auf Flohmärkten und in Brockenstuben als im Kleidergeschäft. «Mode interessiert mich, nur nicht die aktuelle», sagt die gelernte Dekorationsgestalterin. «Mein Stil war seit je her eigen und etwas anders. Ich bin einfach ich selbst.»
Die Leidenschaft für die Fünfzigerjahre aber, für Rockabilly und Rock ’n’ Roll, die nahm ihren Anfang mit besagtem Auto. Einem Lincoln Continental, Jahrgang 1972, ein Ungetüm, das in keine Parklücke passt. Dieses Schätzlein kauften sich Schnyder und ihr Freund vor rund sechs Jahren und möbelten es auf, lackierten es eigenhändig mit schwarz-mattem Lack und Farbrollern. «Wenn wir kommen, schaut es aus, als würde die Mafia vorfahren», sagt sie und lacht.

Mit dem Auto kamen die Oldtimertreffen. «Solche Treffen schreien einfach nach entsprechender Kleidung», sagt Eveline Schnyder. Und so kaufte sie sich das erste Kleid und drehte sich Lockenwickler ins Haar. Es war um sie geschehen.
Was am Wochenende begann, schwappte immer mehr in den Alltag über: Erst betrieb sie an den Oldtimertreffen einen kleinen Marktstand. Vor gut vier Jahren eröffnete Eveline Schnyder schliesslich einen Online-Shop, über den Angefressene die richtigen Kleider, Accessoires und Mittelchen für das richtige Styling finden, beispielsweise Haarpomade.
Heute trägt Eveline Schnyder praktisch nur noch Mode aus den Fünfzigerjahren. «Ich fühle mich unglaublich wohl mit diesem Stil», sagt sie. Dieses Weibliche, das Herausgeputzte, das hat es ihr angetan, mitsamt dem ganzen Lebensstil, dem Möbeldesign, der Musik. Fühlt sie sich in der falschen Zeit geboren?

Nein, ganz bestimmt nicht, sagt Eveline Schnyder und schüttelt den Kopf. «Wenn ich denke, wie wenig Rechte ich als Frau in den Fünfzigerjahren gehabt hätte, ist es mir ganz recht, heute zu leben.» Einen solchen Laden zu eröffnen beispielsweise, wäre unmöglich gewesen, sagt sie.
In ihrem Laden bietet Eveline Schnyder nicht nur neue Kleider für Damen, Herren und Kinder an, sondern auch originale Einzelstücke. Es sind die Kleider, die auch sie am liebsten mag, die Originale aus den Fünfzigerjahren.
Doch die Stücke sind rar. «Wenn man dann etwas findet, ist es etwas ganz Besonderes. Ein Schatz, den man pflegt und hütet.» Nebst dem Textilen finden sich ausserdem Schuhe und Accessoires wie Sonnenbrillen, Ketten, Hütchen oder Strümpfe, dazu Wohnaccessoires, alles im Fünfzigerlook und alles hübsch präsentiert auf Grossvaters Möbeln oder auf Selbstgebautem.

«Wir hatten nur gerade zwei Wochen Zeit, den Laden einzurichten», sagt Eveline Schnyder. «Und wir haben alles selber gebaut, von der Garderobe bis zur Theke im Café.»
Dass im «Luckymonkey» auch ein Café eingerichtet ist, macht Eveline Schnyders Traum komplett. «Von einem eigenen Café träumen doch fast alle, oder?», fragt sie und lächelt. Für sie sei die Kombination perfekt, weil so auch Leute in den Laden kommen, die noch nicht vom Rockabilly-Virus infiziert sind. Die Rechnung gehe auf, sagt sie. Unter der Woche sei schon viel Betrieb und häufig kein Sitzplatz mehr frei. «Und am Wochenende rennen uns die Leute fast die Bude ein.»
Rockabilly Kleid – Rockabilly Kleid