Die Idee der Sendung ist gut, immerhin, doch bekanntlich ist das nur die halbe Miete. Diese Westentaschenweisheit gilt für alles, für ein Drei-Gänge-Menü wie für eine Fernsehshow. Die Umsetzung verwandelt ein Rezept entweder in eine gelungene Komposition oder in ein müdes Mahl, das niemandem vom Hocker haut. Um im kulinarischen Bild zu bleiben: Bei der neuen ZDF Wissens-Show „Das will ich wissen!“ fehlte das gewisse Etwas, die Würze, die Show war nett, vorhersehbar und ganz und gar unspontan.
Aber geht das tatsächlich als Kritikpunkt für das Fernsehprogramm am Freitagabend durch? Denn vielleicht möchte der Deutsche, der am ersten Abend des Wochenendes von 21.15 Uhr bis 23 Uhr vor dem Fernseher sitzt, ja genau das: Harmlose Unterhaltung, ein bisschen was dazulernen und freundlichen Prominenten dabei zusehen, wie sie freundliche Prominente mimen. Eben dies bekam er bei der von ZDF-Neuzugang Markus Lanz präsentierten Sendung aufgetischt. Lanz hatte Großes vor, er wollte nicht, wie vielleicht zu erwarten gewesen wäre, der Flut der Quizshows eine weitere hinzufügen, sondern hatte eine wesentlich prickelndere Mission: Er war angetreten, um die meist gestellten Fragen der Deutschen zu beantworten, vorrangig aus dem Bereich „Antworten, die die Welt nicht braucht, aber die uns dennoch immer wieder quälen“. Fragen wie „Sind Melonen nun Obst oder ein Gemüse?“ „Woher stammt der Ausdruck im Internet surfen?“ „Wie nennt man eigentlich das Jahrzehnt, in dem wir leben?“ „Und warum zum Kuckuck müssen Affen nie zum Friseur?“ Na, wissen Sie es auf Anhieb? Na eben.
Zur Klärung hatte sich Lanz Schauspielerin Anja Kling, Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein, Comedian Thomas Herrmanns, ARD-Allzweck-Waffe Jörg Pilawa und ProSieben-Vorzeigelady Sonya Kraus auf die Couch geladen. Warum es eben jene Gäste waren, blieb schleierhaft, sie hatten wohl gerade nichts Besseres zu tun. Oder waren wie Pilawa als Produzent der Show an ihrem Gelingen interessiert. Leider offenbarte sich hier bereits die Schwäche der Sendung. Keiner der Kandidaten machte den Anschein, als würde ihm tatsächlich eine Frage unter den Nägeln brennen, sondern die Promis fungierten viel mehr als Stichwortlieferanten für zahlreiche Einspielfilmchen. Pilawa wollte endlich seinen Kindern auf die Obst- und Gemüse-Frage antworten können, Herrmanns seinem Gatten nicht gestehen, dass er vom Netzsurfen keinen Schimmer hat. Aha.
Warum dann nicht einfach im Netz recherchieren oder in anderen Nachschlagewerken forsten? Das wäre wohl nicht medial verwertbar gewesen. Viel schlimmer waren jedoch die einstudierten Pointen, die Herrmanns und Konsorten zum Besten gaben und die noch nicht mal das Studiopublikum zum Schmunzeln brachten. Da half es dann zu Auflockerung schon ungemein, als sich Sonya Kraus zur Klärung der Frage „Wird man von einem Bad in Champagner betrunken?“ der Schuhe entkleidete und samt Abendkleid ins prickelnde Nass kletterte. Dort lag sie dann für die Hälfte der Show und kicherte immer wieder verdächtig, neben ihr thronte ein Rechtsmediziner, blickte streng und maß immer wieder Puls und Blutdruck. Zu Beginn des Tests gab es die obligatorische Alkoholkontrolle, Kraus blies beherzt ins Röhrchen und war auf ihre 0,00 Promille sichtlich stolz.
“Das ist in der Medienlandschaft zu dieser Tageszeit die Ausnahme!“, lobte Lanz und spätestens an dieser Stelle wünschte man sich die Regel zurück, das heißt ein Personal, das etwas weniger Angst hat, sich zu blamieren und endlich selbst anfängt, den Abend zu genießen. Beim nächsten Check kam Kraus diesem Wunsch schon näher, mit 1,63 Promille wirkte sie sichtlich gelöster, bei der letzten Messung konnte sie den stolzen Wert von 2,6 Promille aufweisen. Diese Messung war jedoch leider nicht haltbar, denn der Alkohol wurde über die Atemwege aufgenommen und nicht, wie erst vermutet, über die Haut. Er war also nicht im Blut und so konnte sich Kraus anschließend wieder so gähnend ordentlich benehmen wie alle anderen Gäste.
Wir wissen nun immerhin, dass Melonen, Tomaten oder Gurken sowohl Früchte als auch Gemüse sind, dass unser Jahrzehnt noch keinen Namen hat und die Haare von Affen langsamer wachsen und häufiger ausfallen als beim Menschen. Dass sich die Sendung niemals zwischen seriösem Wissensmagazin und Verbreitung von skurrilem Halbwissen entscheiden konnte, war ein weiterer Störfaktor, doch wir möchten an dieser Stelle das Meckern einstellen, denn auch wir haben dazugelernt. Und zwar ausgerechnet dank Dirk Bach. Dieser wollte nämlich wissen, wieso er im Supermarkt immer an eben jener Kasse anstehe, wo man am längsten warten müsse. Ein Verhaltenspsychologe wusste Rat. Das sei natürlich bloß ein subjektives Empfinden, was damit zu begründen sei, dass sich der Mensch negative Erlebnisse stärker einpräge. Statistisch sei diese Angabe nicht haltbar und man solle in solchen Momenten einfach an etwas Schönes denken.
Bei dieser Angabe fühlten wir uns ertappt und wollen an dieser Stelle relativieren: Vielleicht war die Sendung „Das will ich wissen!“ ja gar nicht so übel, immerhin hatte sie zwei zuckersüße Affen im Programm und einen Moderator, der zur Selbstironie fähig war. Als die vorgeführten Schimpansenjungen die Kandidaten beim Klatschen nachäfften, lautete Markus Lanz trockener Kommentar: „Ich glaube, die finden uns relativ lächerlich.“ Wir raten zu mehr Champagner, mehr Affentanz, mehr Mut und Spontaneität. Dann wissen sogar wir: Das wird was.
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